Gemeinsam Christsein – Potenziale und Ressourcen: Tagung zur Wiedereröffnung des Ökumenischen Instituts

11.10.2018
Newsmeldung: Ökumenisches Institut

Das neue Semester läutete das Ökumenische Institut mit einer zweitägigen Tagung zur Zukunft der Ökumenik am 4. und 5. Oktober 2018 ein. Anlässlich der Wiedereröffnung des Ökumenischen Instituts unter seiner neuen Leiterin, Prof. Dr. Rebekka A. Klein, kamen internationale Vertreterinnen und Vertreter aus einem breiten Spektrum gegenwärtiger Ansätze einer ökumenischen Theologie zusammen. Evangelische und katholische Theologinnen und Theologen sowie der Islamologe Prof. Dr. Bassam Tibi legten ihre Visionen und Vorstellungen von einer Ökumene im 21. Jahrhundert dar.

Prof. Dr. Ulrich H.J. Körtner betonte die Notwendigkeit einer Hermeneutik der Differenzen in einer dynamischen ökumenischen Landschaft und legte dar, warum die Reflexion auf eine Diaspora-Existenz der Kirche für eine Ökumene im 21. Jahrhundert von zentraler Bedeutung sein wird. Prof. Dr. Hans-Peter Grosshans machte detailreich die intra- und interkonfessionelle Pluralität des Christentums deutlich, welche er jedoch nicht zwingend als konfliktiv verfasst ansah. Prof. Dr. Wolfgang Thönissen plädierte für ein dynamisches und differenziertes Verständnis gemeinsamer christlicher Identität. Prof. Dr. André Munzinger lotete Strukturparallelen zwischen Kosmopolitismus und Ökumene aus. Prof. Dr. Perry Schmidt-Leukel vertrat die These, dass Religionen fraktale Strukturen ausbilden, d.h. sich in sich selbst unendlich vervielfältigen. Prof. Dr. Markus Mühling verstand Ökumene als Bewegung des wayfaring, d.h. des atentionalen Bewegens, bei dem die Resonanz zur Umwelt und die Bewegung selbst das Entscheidende darstellen. Prof. Dr. Marianne Moyaert stellte das Programm einer grenzüberschreitenden und textbasierten, aber ritualoffenen Komparativen Theologie vor. Prof. Dr. Risto Saarinen stellte heraus, dass das Konzept der Anerkennung in der Ökumene auch auf breite theologische Wurzeln zurückgeführt werden kann. Prof. Dr. Claudia Jahnel plädierte für eine lokal geerdete Einheitsvorstellung der Ökumene, die den ProtagonistInnen vor Ort Deutungsmacht verleiht. Prof. Dr. Annemarie Mayer dachte über die Zukunft einer Ökumene der Institutionen nach, die ein stabiles Spannungssystem zwischen Spontaneität und Struktur bietet und sich der „Verpflichtung auf das schwierige Ganze“ in einem gemeinsamen Wahrheitshorizont nicht entzieht. Prof. i.R. Dr. Bassam Tibi mahnte u.a. eine Reform des Islam und eine selbstbewusste Haltung des Christentums auf der Basis gemeinsamer Anerkennung der Gleichwertigkeit aller Religionen an.

Durch die unterschiedlichen Herangehensweisen entstanden rege Diskussionen, die die entscheidenden Bruchlinien einer heutigen Theologie der Ökumene hervortreten ließen: Sind Differenzen innerhalb des Christentums ein bedauernswerter oder begrüßenswerter Zustand, und zwar in welchem Maß und aufgrund welcher Deutung? Welche einende Kraft kann von der Berufung auf Jesus Christus als Name, Person oder Gehalt ausgehen? Braucht die Ökumenik einen interreligiösen Horizont oder handelt es sich um verschiedene Zuständigkeiten? Weist eine universalistische Ethik die Zukunft für eine Beschäftigung mit der Weltchristenheit und ihrem internen Pluralismus oder stellen Rationalismus und Universalismus den imperialistischen Export einer westlichen Idee dar?

 

Während die Komparative und die Interreligiöse Theologie vergleichbare Elemente in verschiedenen Konfessionen und Religionen ausmachen, betont die poststrukturalistische Perspektive deren bleibende Inkommensurabilität. Die postkoloniale Theologie begrüßt die Entwicklung eines lokalen Selbstbewusstseins an den „Rändern“ (margins) des globalen Gefüges, während andere darin die Gefahr eines destruktiven Ethnizismus und Nationalismus erkennen. In der Diskussion wurde insgesamt darum gerungen, ob und wie ein einheitliches Ziel der ökumenischen „Bewegung“ angesteuert werden kann oder ob es zunächst darum geht, gemeinsames Leben in aller Offenheit zu pflegen. Wie deutlich wurde, potenziert sich die Problemstellung einer gegenwärtigen Ökumene dadurch, dass sich die Pluralität zwischen Religionen und Konfessionen auch innerhalb dieser fortsetzt.

Grußworte der Kanzlerin Dr. Christina Reinhardt, der Prodekanin der Evangelisch-Theologischen Fakultät, Prof. Dr. Katharina Greschat, des Weihbischofs für Ökumene des Bistums Essen, Wilhelm Zimmermann, des Dezernenten für theologische Ausbildung der Ev. Kirche von Westfalen, Landeskirchenrat Prof. Dr. Dieter Beese, und des vorherigen Institutsleiters Prof. i.R. Dr. Dr. Dr. h.c. Michael Weinrich begleiteten den Neuanfang des Ökumenischen Instituts.

 

 

 

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