Christine Siegl untersuchte im DFG-geförderten Forschungsprojekt „Nächste Hilfe am Bahnhof“ (Projektnr. 423629649) die gegenwärtige Arbeit der Bahnhofsmission aus einem praktisch-theologischem Blickwinkel. Dazu wurden in den Jahren 2020-2022 u.a. ethnographische Studien an fünf großen Bahnhofsmissionen in ganz Deutschland, teilnehmende Beobachtungen bei Treffen und Fortbildungen von Leiter:innen und Mitarbeitenden sowie eine virtual ethnography von social media-Auftritten einzelner Bahnhofsmissionen durchgeführt. In praxistheoretischer Forschungsperspektive stand die Frage im Mittelpunkt, wie die Mitarbeiter:innen vor Ort das soziale Geschehen „Bahnhofsmission“ zur Aufführung bringen. Anhand der detaillierten Erfassung der Praxis der Raum(re)produktion, der zentralen Praxis des Helfens und der religiösen Praxis gewinnt das „Doing Bahnhofsmission“ Kontur. Im Gespräch mit aktuellen Entwürfen zum Verhältnis zwischen Diakonie, Kirche, Gesellschaft und Staat zeigt sich, dass die bahnhofsmissionarische Praxis auch hierbei besondere Akzente setzt: Einerseits ist ihre kirchliche Trägerschaft konstitutiv und wird auch in der Öffentlichkeit zum Ausdruck gebracht, andererseits richtet sie sich ganz gezielt an benachteiligte Menschen, ohne diese Hilfe zwingend religiös zu konnotieren. Die Bahnhofsmission kann daher als eine „Kirche im Dazwischen“ genauer gefasst werden.
Christine Siegl und Isolde Karle stellen in einem Artikel in "forschung" (4/2023), dem Magazin der Deutschen Forschungsgemeinschaft, zentrale Erkenntnisse der Studie vor: Zum Artikel.